Pressemeldung „Melsheimer reklamiert Recht auf freie Rede“

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Melsheimer reklamiert Recht auf freie Rede
Präses sieht in Handelskammer eine Solidargemeinschaft zum Wohle des Standorts

Hamburg, 30. Dezember 2016 – Präses Fritz Horst Melsheimer will sich „als Bürger, Unternehmer und gewählter Ehrenamtsträger“ von niemandem das Recht nehmen lassen, „klar und deutlich im Namen der Hamburger Wirtschaft zu sprechen“. „Solche Versuche weise ich - nicht zuletzt mit Blick auf das Grundrecht der freien Meinungsäußerung – mit Entschiedenheit zurück.“ Das sagte der oberste Repräsentant der Hamburger Wirtschaft bei der Versammlung eines Ehrbaren Kaufmanns zum Versuch einer Gruppe von Kammer-Gegnern, die Kammer mit gerichtlichen Mitteln „als wirksames Sprachrohr der Hamburger Wirtschaft zum Schweigen zu bringen“. Das Hamburger Verwaltungsgericht hatte nach der Klage eines Kammermitglieds Teile seiner Vorjahresschlussansprache für nicht rechtmäßig erklärt. Die Handelskammer hat gegen dieses Urteil inzwischen Berufung eingelegt und noch bis zum neuen Jahr Zeit, diese zu begründen.
Dass er als Funktionsträger einer Institution mit gesetzlicher Mitgliedschaft bei seinen Äußerungen besondere Sorgfalt walten lassen müsse, sei für ihn selbstverständlich. Auch verkenne er nicht, dass die Handelskammer über kein allgemeinpolitisches Mandat verfüge, betonte Melsheimer vor 2.000 Gästen im Börsensaal. Dass ihm allerdings vorgehalten worden sei, er hätte mit seinen Aussagen zur direkten Demokratie, zu den Olympischen Spielen und zur Flüchtlingsproblematik ein allgemeinpolitisches Mandat wahrgenommen, sei für ihn nicht nachvollziehbar. „Vielmehr haben wir stets das Erfordernis beachtet, bei unseren Aussagen den Bezug zur Wirtschaft herzustellen“, so der Präses.
Vor Kaufleuten, Vertretern des öffentlichen Lebens und in Anwesenheit von Bürgermeister Scholz und zahlreicher Senatoren erinnerte Präses Melsheimer an den vom Bundesgesetzgeber erteilten Auftrag für die IHKs, „das Gesamtinteresse der uns zugehörigen Gewerbetreibenden zu vertreten“. Dies geschähe auf der Grundlage solider Analysen und mit Empfehlungen, die von den eigenen Gremien demokratisch beschlossen würden. „Der Auftrag der Politikberatung wird im IHK-Gesetz an erster Stelle genannt. Wenn sie weiter gewünscht ist, dann fordere ich alle politischen Kräfte dazu auf, diese Funktion der Industrie- und Handelskammern zu sichern, Angriffe auf unsere Gesamtinteressenvertretungsfunktion abzuwehren und – wenn erforderlich – für gesetzliche Klarstellung zu sorgen.“
Präses Melsheimer nannte in seiner Rede zahlreiche Beispiele für die Verwendung der Pflichtbeiträge der Kammermitglieder. Dazu gehörten unter anderem die 8.500 unentgeltlichen Existenzgründungsberatungen, die Stellungnahmen zu Gesetzen, Verordnungen, Verkehrsplanungen und Bebauungsplänen sowie eigene Aktivitäten für die Integration von Flüchtlingen in Arbeit und Ausbildung. Dies alles seien Gemeingüter, die im wohlverstandenen Interesse aller erzeugt würden und die weder marktfähig seien noch über Spenden ausreichend finanziert werden könnten. Nur der Beitragszwang stelle sicher, dass bei der Finanzierung der Aufgaben der Gesamtinteressenvertretung niemand die Position des Trittbrettfahrers einnehmen könne, die Organe der Kammer demokratischen Mehrheiten verpflichtet seien und nicht einigen wenigen, großen und freiwilligen Beitragszahlern..
Die Beitragspflicht mache die Handelskammer nicht zu einer Zwangs- sondern einer Solidargemeinschaft, die auch ein hohes Maß an solidarischer Lastenverteilung aufweise. „Die Leistungsstärkeren helfen dabei den Leistungsschwächeren. Die kleinsten Unternehmen, immerhin 40 Prozent aller unserer Mitglieder, sind vollständig vom Beitrag befreit, gleichwohl kommen sie in den Genuss aller Leistungen.“ Verlierer einer Aufkündigung des Solidarprinzips wäre nach Meinung von Melsheimer „aber auch das Gemeinwesen, weil es keine unabhängige, dem Gesamtinteresse verpflichtete Interessenvertretung mehr gäbe“.
Inhaltlich hielt der Präses ein Plädoyer für die soziale Marktwirtschaft und warb für mehr ökonomische Bildung in Hamburgs Schulen. In Bezug auf den Außenwirtschaftsstandort Hamburg wies er auf die sehr negativen Auswirkungen der Russland-Sanktionen und des Brexit hin. Umso dringender sei ein Erfolg bei den TTIP-Verhandlungen. An den neuen amerikanischen Präsidenten richtete der Präses den Appell: „Hamburgs Wirtschaft wünscht sich Berechenbarkeit und Kooperation statt Isolation, Mister Trump!“ Sorgenvoll blickt Melsheimer auf den Zustand Europas, dessen Institutionen den „Weckruf“ nach dem Brexit offenbar noch nicht gehört hätten. Auch die Europäische Zentralbank benötige einen Weckruf, um einen „Ausweg aus der Nullzinspolitik“ zu finden, die er hart kritisierte.
Der Präses der Handelskammer forderte vom Senat ein neues Hafenkonzept, das den Veränderungen in der Weltwirtschaft Rechnung trage. Die jahrelange Hängepartie um die Fahrrinnenanpassung müsse zum Anlass genommen werden, „unsere Planungs- und Entscheidungsprozesse grundsätzlich zu überdenken“. Mit Blick auf die Radverkehrspolitik des Senats mahnte Melsheimer, die Leistungsfähigkeit der Hauptverkehrsstraßen nicht weiter einzuschränken. Im Übrigen sei eine deutlich bessere Baustellenkoordination mit Einbeziehung der Bezirksstraßen und Ausweitung der Arbeitszeiten auf den Baustellen erforderlich. Die vorgestern verkündeten Aktivitäten des Senats nehme man „mit gespannter Erwartung“ zur Kenntnis.
Außerdem ging der Präses der Handelskammer auf das Thema „Digitalisierung der Wirtschaft“ ein. Hamburg vermarkte das Thema noch nicht in koordinierter Form und verschenke Synergieeffekte. Er schlug vor, bestehende Projekte und Initiativen analog zum Silikon Valley unter eine gemeinsame Dachmarke zu stellen. Positiv bewertete Melsheimer, dass der Wirtschaftsstandort Hamburg bereits in vielen Bereichen der Digitalisierung besser aufgestellt sei, als viele wüssten. Die Handelskammer habe sich federführend mit einer Reihe von Partnern erfolgreich um eines von zehn nationalen Kompetenzzentren Mittelstand 4.0 (Schwerpunkt: Logistik) beworben, das vom Bundeswirtschaftsministerium gefördert wird.
Bei zwei anderen Zukunftstechnologien, der Elektromobilität und dem 3D-Druck, sieht der Präses noch größeren Handlungsbedarf. Von den für Hamburg geplanten 70 Schnellladesystemen für Elektroautos seien erst vier in Betrieb genommen worden. Und insgesamt stünden mit 240 Ladepunkten weniger als die Hälfte der 600 geplanten Stationen zur Verfügung. Auch alternative Antriebstechnologien wie Wasserstoff und Flüssiggas sollten laut Melsheimer mit Nachdruck vorangetrieben werden. Beim 3D-Druck fehle es noch an entsprechenden Kenntnissen. Hier sei systematischer Aufbau von Know-how erforderlich, woraus sich Anpassungs- und Investitionsbedarf bei der Aus- und Weiterbildung ergebe. Melsheimer schlug vor, ein Demonstrationszentrum einzurichten, in dem der 3D-Druck erlebt und ausprobiert werden könne. Überdies plädierte er dafür, diese Aktivitäten in eine umfassende Marketing-Strategie für den Innovations- und Wissenschaftsstandort aufzunehmen.
Eine andere große Herausforderung ist für Melsheimer die möglichst schnelle Integration der zahlreichen Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt. „Dafür haben wir 2016 im Rahmen eines 6-Punkte-Plans ein Bündel von Maßnahmen umgesetzt, die nun erste Früchte tragen“ so der Präses. Die Mitgliedsfirmen seien intensiv über die rechtlichen Voraussetzungen und Besonderheiten informiert worden. Außerdem habe die Handelskammer regelmäßig Bewerbertrainings durchgeführt, an denen insgesamt 450 Geflüchtete teilgenommen hätten. Um den Einstieg zu erleichtern, wurde bei zahlreichen Flüchtlingen deren berufliche Kompetenz festgestellt und zertifiziert. Darüber hinaus habe die Handelskammer 2016 fünf sogenannte „Marktplätze der Begegnung“ initiiert, bei denen 5.000 Flüchtlinge mit über 200 Unternehmen in Kontakt treten konnten. Mit Blick auf die Mitglieder im Publikum betonte der Präses: „Übrigens werden alle genannten Leistungen durch unsere Handelskammer unentgeltlich erbracht und zum größten Teil durch Ihre Pflichtbeiträge finanziert – ein Beispiel für die gelebte Solidargemeinschaft Handelskammer.“
Die Handelskammer ist seit 1665 die Selbstverwaltung der gewerblichen Hamburger Wirtschaft. Sie vertritt die Interessen von etwa 160.000 Unternehmen gegenüber Politik und Verwaltung, ist kundenorientierter Dienstleister für unsere Mitgliedsfirmen und unabhängiger Anwalt von Markt, Wettbewerb und Fair Play. Wir beraten Unternehmen, wir bündeln Interessen und wir bilden Menschen. Über 700 Unternehmerinnen und Unternehmer aus Industrie, Handel und Dienstleistungen engagieren sich ehrenamtlich bei uns als gewählte Vertreter ihrer Branchen in über 30 Gremien. Sie tragen entscheidend zur Meinungsbildung der Handelskammer bei. Außerdem nehmen 4.000 ehrenamtliche Unternehmensvertreter die Prüfungen in der dualen Berufsausbildung ab, die uns der Staat per Gesetz als hoheitliche Aufgabe übertragen hat. Unser Leitsatz heißt: „Wir handeln für Hamburg.“

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Präses-Rede 2016

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