Hamburg, 30. Dezember 2011 – Handelskammer-Präses Fritz Horst Melsheimer hat in seiner Jahresschlussansprache bei der „Versammlung eines Ehrbaren Kaufmanns zu Hamburg e. V.“ den Senat aufgefordert, die Gesamtheit der staatlichen Aufgaben und die Verwaltungsprozesse kritisch zu durchleuchten und alle Möglichkeiten der Effizienzsteigerung zu nutzen. Der Konsolidierungskurs müsse konsequent auch dann durchgehalten werden, wenn sich durch höhere Steuereinnahmen scheinbar neue Ausgabenspielräume eröffneten, sagte Melsheimer vor 2.200 Kaufleuten, Vertretern des öffentlichen Lebens und in Anwesenheit fast des gesamten amtierenden Senats im Börsensaal der Handelskammer. Beim Thema „Haushalt“ machte der Handelskammer-Präses auf einen „gewissen Schönheitsfehler“ aufmerksam: Die Basis des Senats seien nicht die tatsächlichen, sondern die geplanten Ausgaben des Jahres 2010, die deutlich höher gewesen seien. „Gemessen an den tatsächlichen Ausgaben des Vorjahres wuchs der Haushalt 2011 nicht um ein Prozent, sondern um 4,8 Prozent.“ Dazu Melsheimer wörtlich: „Vor diesem Hintergrund ist größerer Ehrgeiz bei der Haushaltskonsolidierung nicht verboten.“ Denn die vom Senat eingeschlagenen Maßnahmen bedeuteten noch immer, dass bis zum Inkrafttreten der Schuldenbremse im Jahr 2020 noch zusätzliche Schulden in Höhe von sieben Milliarden Euro gemacht werden sollen.
In seinen Ausführungen zur Hafenpolitik mahnte Präses Melsheimer mit Blick auf die prognostizierten Wachstumsraten bis 2025 an, den „bedarfsgerechten Ausbau der bestehenden Umschlagskapazitäten – inklusive der planerischen Vorbereitung für das Central Terminal Steinwerder – sicherzustellen“. Er befürwortete die „klare Haltung des Senats, dass die öffentliche Infrastruktur im Hafen auch öffentliche Aufgabe und damit aus dem Öffentlichen Haushalt zu finanzieren ist“. Das positive Votum der EU-Kommission zur Fahrrinnenanpassung der Unter- und Außenelbe bezeichnete Melsheimer als „Meilenstein“ und appellierte an die Naturschutzverbände zu akzeptieren, dass die Fahrrinnenanpassung sorgfältig geplant und umgesetzt werde und sich die ökologische Gesamtsituation des Flusses hierdurch nicht verschlechtere. „Verzichten Sie darauf, dieses für unsere Stadt so wichtige Projekt durch Klagen unnötig in die Länge zu ziehen.“ Von der Elbphilharmonie erwartet der Präses einen sprunghaften und nachhaltigen Anstieg der touristischen Attraktivität Hamburgs im Jahr der Fertigstellung – „ja, wenn wir nur wüssten, wann dies genau ist!“ Bei allen Fehlern, die in der Vergangenheit lägen und den Steuerzahler viel Geld kosteten, komme es nun darauf an, das Projekt zu einem guten Ende zu führen. Melsheimer: „Wir wollen bei der Eröffnung das bestmögliche Konzerthaus der Welt präsentieren. Der neue Senat hat ein Adoptivkind angenommen. Es lebenstüchtig zu machen, ist nun seine Aufgabe!“
Beim für die Handelskammer wichtigen Handlungsfeld „Bildung“ zog Präses Melsheimer eine positive Bilanz des Ausbildungsjahres: Insgesamt sei das Soll mit 10.115 eingetragenen Ausbildungsverhältnissen übererfüllt worden, ein Trend, der sich durch fast alle Branchen ziehe. Er begrüßte den Vorschlag der SPD-Bürgerschaftsfraktion, die Ergebnisse der Schulinspektion – wie von der Handelskammer lange gefordert – zu veröffentlichen, um damit eine breite Diskussion über die Qualität des Unterrichts zu initiieren. Als willkommenen Schritt in die richtige Richtung lobte der Präses die Planung des Senats, innerhalb von drei Jahren an allen Grundschulen ein Ganztagsangebot aufzubauen. Von den unter 18-Jährigen in Hamburg lebten 25 Prozent bei alleinerziehenden Eltern, hätten 46 Prozent einen Migrationshintergrund und wohnten 26 Prozent in sogenannten Hartz-IV-Haushalten. Gerade für diese Gruppe seien Betreuungsangebote, welche die Schüler auch am Nachmittag fördern, außerordentlich wichtig. Für den Wissenschaftsbereich vermisst Melsheimer noch eine klare Zielvorgabe auf dem notwendigen Weg hin zu mehr Exzellenz. Die Hochschulen benötigten eine größere Freiheit bei Personalentscheidungen und Investitionsausgaben und die Einbindung von externem Sachverstand in die Steuerungsgremien müsse weiter gefördert werden. Was die Hochschulen dagegen nicht brauchten, so Melsheimer weiter, seien aus dem politischen Archiv hervorgeholte Vorschläge für mehr Gruppendemokratie.
In seinem Ausblick auf das neue Jahr plädierte Handelskammer-Präses Melsheimer beim Thema „Infrastruktur“ für einen Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV). Konkret nannte er dabei die Verlängerung der S4 über Ahrensburg nach Bad Oldesloe sowie der U4 über die HafenCity bis nach Harburg. Zum Ausbau des ÖPNV zählte für ihn an erster Stelle auch die Optimierung der Busverkehre, wobei damit aber nicht der Rückbau von Bushaltebuchten verbunden sein dürfe.
Im Bereich der „Mittelstandspolitik“ schlug Melsheimer dem Senat vor, die Hamburger Wirtschaftsförderungs-Gesellschaft zur Investmentgesellschaft „Hamburg Invest“ auszubauen.
Die neue Gesellschaft solle eigenverantwortlich städtische Flächen veräußern, um die Vergabe von Gewerbeflächen schneller und unbürokratischer zu machen. Zum Vorhaben des Senats, eine staatliche Investitions- und Förderbank zu schaffen, bestehe dagegen seitens der Hamburger Wirtschaft noch erheblicher Diskussionsbedarf. Außerdem bot der Präses für die angestrebte Mittelstandsvereinbarung mit dem Senat an, einen ehrenamtlichen Normenkontrollrat zugunsten des Bürokratieabbaus einzurichten, in den Bezirksämtern die bewährten Beauftragten für Wirtschaftsförderung zu erhalten, sowie die Service-Leistungen von Bürgschaftsgemeinschaft, Innovationsstiftung und den Förderprojekten der Fachbehörden durch ein Förderinstitut zielgruppengerecht zu vermarkten.
Der Sicherung und dem Ausbau der wirtschaftlichen Grundlagen des Gemeinwesens hätten sowohl der Wähler als auch Bürgermeister Scholz einen zentralen Stellenwert eingeräumt. Präses Melsheimer bot Scholz dafür die vertrauensvolle Zusammenarbeit an: „Seit vielen Jahrzehnten ist dies Tradition in unserer Stadt. Nutzen Sie in diesem Sinne Ihre stabile Mehrheit für klare Führung und Orientierung!“